Frühling: Des Schwarzen Flieders Wiegenlied

Nocte Obducta

Ein Glas uralten Whiskys ruht wie rauch'ges Gold in meiner Hand

Die Sonne wirft ihr letztes Licht und spiegelt golden sich im Glas

Kühle Luft umspielt mich sanft, ein leichter Hauch von nahter Nacht

Wiegt sich in Abendwärme und mein Tritt spürt wieder weiches Gras



Irgendwo hinter den Wäldern weht ein vager Hauch Anis

Weit entfernt und dennoch klar ein Schatten alter Lieder

Zwielicht wandelt zwischen Sträuchern, farbenfroh in grau gewandt

Und zwischen Tag und Nacht hängt süßer Duft von schwarzem Flieder

Die Kälte alter, dunkler Gräber weicht aus meinen müden Knochen

Ich schreite schlendernd fort und fort durchs Leben nach den Grüften

Die Schatten wachsen dunkler nun, wie Boten einer nahen Nacht

Doch der Geruch des Tages liegt noch immer in den Lüften



Das dunkle Blut der Frühlingsnacht entfaltet fruchtig sein Aroma

Im Schatten dunkler äste, wo verborg'ne, fremde Vögel singen

Vögel, die der Mond sich schuf, sie folgen ihres Schöpfers Ruf

Dem bleichen Herrn des tiefen Firmamentes der Nacht ein Lied zu bringen



Die Dämmerung verschlingt den Tag, durchflutet mich mit Ewigkeit

Mein Geist erblüht in Finsternis und tastet suchend in die Weite

Der Schwarze flieder ruft mein Blut zum nebeligen Wald, und du

Erwartest schweigend mich auf dem murmelnden Baches dunkler Seite



Der schwarze Flieder

Auf ewig lockt mein Herz

Immer und immer wieder



Wie tränen eines vergessenen Gottes

Im Traum einer toten Königin

Der Nebel trägt der schwarzen Tulpe Requiem

- Des schwaren Flieders Wiegenlied



...und schüchterner Nebel schmiegt sich an uns und wabert

In Träumen

Gottlos

Für immer verloren

Doch in Freiheit



Mein Kopf auf deinem Schoß

Mondlicht fällt in meinen blutbenetzten Augen

Regen... oder streicheln Tränen mein Gesicht?

Wird es ein Morgen geben?

Was wird sein für jene, die noch leben?

Die Frühlingsnacht sinkt langsam in ein Nichts

Und längst vergessenes Lachen dringt anheimelnd an mein Ohr...