Und Wieder Wird Ein Mensch Geboren

Ute Freudenberg

Der Tag war stets zu lang und die Nacht war viel zu kurz


und die Arbeit machte müde


Ein Zimmer unterm Dach, da lagen sie oft wach


auf der selbst gebauten Liege.


Die Fenster öffnete sie weit, so spürte sie mehr Raum,


und glaubte nun, es käm' die Zeit, von der sie stets geträumt.





Er wollte aber sie und wollte nicht das Kind


das in ihr begann zu leben


Sie wußte noch nicht wie und wußte nicht wohin,


doch sie ließ es sich nicht nehmen


Sie hatte manches ausgedacht, von dem nun nichts mehr blieb


und merkte, daß man Fehler macht, gerade wenn man liebt.





Und wieder wird ein Mensch geboren.


Kein Wunschkind, aber trotzdem da.


Er hat das erste mal verloren, eh er die Erde sah.


Und wieder öffnen sich zwei Augen,


die einfach viele Dinge sehn.


Mit kleinen Schritten, wie sie glauben schon große Wege gehn.





Die Nacht ist wieder kurz und der Tag wird immer lang,


denn ihr Kind sucht Zeit und Räume


Mal schreit's vor Ungeduld, dann lacht sie's wieder an


aus den Trümmern ihrer Träume.


Und oft nimmt sie die kleine Hand, und hält sie fest, ganz fest,


weil das, was für sie vorher war noch keine Ruhe läßt.





Und wieder wird ein Mensch geboren.


Kein Wunschkind, aber trotzdem da.


Er hat das erste mal verloren, eh er die Erde sah.


Und wieder ist ein Mensch geboren,


der Angst hat, daß er was versäumt.


Er wird verlieren und gewinnen,





und lernen daß sich manches nicht erfüllt was man erträumt.